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Unterwegs nach Oman

Am 17.3. abends startete unsere Studien- und Begegnungsreise in den Oman: „Kunst, Kultur und Religion im Sultanat“. In der Ausschreibung heißt es: „Das Sultanat Oman ist im Westen bestenfalls als „Land des Weihrauchs“ am Rande der arabischen Welt bekannt. Dabei ist das Land seit Jahrhunderten im wirtschaftlichen und kulturellen Austausch mit Persien, Ostafrika und Ostasien bis hin nach China und Indien. Hier ist eine islamische Richtung vorherrschend, die außerhalb Omans kaum jemand kennt, der ibaditische Islam. Er ist die Grundlage für eine religiöse Toleranz, die beispielgebend ist. Es gibt verschiedenste christliche und hinduistische Minderheiten – ein Schmelztiegel und dennoch ein stabiles Land inmitten einer Krisenregion, geprägt von innerer Ruhe und Offenheit für das Fremde, auf der Gratwanderung zwischen Tradition und Moderne.“

Wie das funktionieren kann, interessiert uns.

Sultan Qaboos ist ein Glücksfall für das Land

Wesentlicher Impulsgeber ist der seit 1971 regierende Sultan Qaboos ist ein Glücksfall für das Land. Die Religionen haben außerordentliche Bedingungen: durch viele Arbeiter die seit den 70er Jahren infolge des Ölbooms aus Indien, den Philippinen und anderen Ländern nach Oman gekommen sind und in der Hauptstadt Muscat 2/3 der Bevölkerung ausmachen, sind auch das Christentum, der Hinduismus und der Buddhismus stark gewachsen. Diese Menschen haben ein eigenes religiöses Zentrum, in dem sie ohne Behinderung und mit viel staatlicher Förderung ihre Religion leben können. Das Grundstück ist geschenkt, die Gebäude z.T. mit Spenden des Sultans erbaut.

Sultan Qaboos ist zwar absoluter Monarch, doch in diesem Fall war das das Wohl seines Landes: Er wurde in England und Oman erzogen, war auf einer englischen Militärakademie und in einer britischen Militäreliteeinheit. In dieser Zeit war er auch ein halbes Jahr in Deutschland, zu dem er seitdem eine intensive Beziehung hat. In Garmisch-Partenkirchen hat er eine eigene Klinik, in der er sich vor zwei Jahren wegen einer Krebserkrankung ein halbes Jahr aufhielt. Der Haunerschen Kinderklinik spendete er damals 22 Millionen Euro.

Für sein Land stieß er in den letzten 40 Jahren eine Entwicklung an, die den Öl- und Gasreichtum in Infrastruktur, Bildung, Gesundheitsversorgung und Diversifizierung der Wirtschaft steckte. Anders als die Emirate am Golf setzt er auf eine Verbindung von Tradition und Entwicklung, d.h. das kulturelle Erbe wird gepflegt, Skyskraper sieht man hier nicht, dafür viele neue Häuser im traditionellen aber modernisierten Stil. Omanis, die sich keinen Kredit und kein Haus leisten können, bekommen eines geschenkt – zwar auf dem flachen Land, aber doch eine würdevolle Familienunterkunft. Es klingt ein bisschen wie ein Märchen aus 1001 Nacht, ist aber doch sehr real.
Etwas anders sieht es für die Expats aus Indien, Pakistan und den Philippinen aus, die fast den ganzen Dienstleistungssektor und die kleinen Handwerke managen. Sie haben nicht den Mindestlohn der Omanis, nicht dieselben Privilegien, aber weitaus mehr Rechte und Lebensqualität als in den Emiraten.

Omanis arbeiten bevorzugt beim Staat und lieben den Sultan

Die Omanis selbst bevorzugen den Dienst beim Staat – im Bildungsbereich, der Verwaltung oder den staatlichen Öl- und Gascompanies: wer 20 Jahre gearbeitet hat, kann in Rente gehen – mit 80% des Einkommens. Wir haben viele „retired“ Omanis mit 40 – 45 Jahren getroffen. Danach arbeiten manche zusätzlich in neuen Jobs weiter, z.B. im Tourismus. Frauen, die Kinder bekommen, haben bei vollem Lohnausgleich 8 Monate Stillzeit, danach noch einmal 16 Monate, in denen sie zwei Stunden weniger am Tag arbeiten müssen, bis die Kinder abgestillt sind. Wir haben Managerinnen im Ölbusiness getroffen, die auch mit 3 Kindern arbeiten.
Da dem Sultan auch sehr an den Künsten liegt, hat er in der Hauptstadt Muscat eine Oper gebaut und die Omani Society for Fine Arts gegründet, um die Bildenden Künste zu fördern. Auch diese Kulturinstitutionen sind finanziell gut ausgestattet.
Die Medien sind allerdingst auch weitgehend in staatlicher Hand. Dennoch glaubt man den Menschen ihre Liebe zum Sultan.

Begegnungen

In der neuen Sultan Qaboos Moschee in Muscat wollten wir VertreterInnen aus verschiedenen Bereichen der Gesellschaft treffen. Als wir den Raum betraten, erschraken wir ein wenig: die Anwesenden sahen wie lauter Religionsvertreter aus. Aber der Eindruck täuscht und wird durch die traditionelle Kleidung hervorgerufen. Dahinter verbergen sich aber sehr zeitgenössische Physiker, Manager, IngenieurInnen und LehrerInnen. Die Religion gehört für diese Menschen allerdings als orientierender Rahmen dazu. Für ihre Kinder ist das nicht mehr unbedingt der Fall. Gegen radikale Einflüsse aus arabischen Ländern schützt sich Oman durch eine sehr strenge Visapolitik für Menschen von dort.

Alle Bilder, wenn nicht anders gekennzeichnet, stammen von Jutta Höcht-Stöhr.

 

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